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© Gao Yingjun
Mitte August hat die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) gemeinsam mit der Chinese Society for Urban Studies im Deutsch-Chinesischen Ökopark ein Seminar zu Strategien für Energie- und Klimaschutzmanagement in Kommunen veranstaltet. Die Erfahrungen, die bei der Anwendung des von der dena entwickelten Systems in China gesammelt werden, können auch für deutsche Kommunen interessant sein, sagt Michael Müller, Teamleiter Energieeffiziente Gebäude bei der dena.
Herr Müller, die Deutsche Energie-Agentur hat das erste Mal in China eine Schulung im Bereich Energie- und Klimaschutz-Management organisiert. Worum geht es?
Das ist ein Management-Ansatz, der auf ISO 50001 basiert und den wir für Kommunen und kommunale Verwaltungen in Deutschland entwickelt haben. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, die die Kommunen befähigen, systematisch Maßnahmen für den Klimaschutz zu entwickeln und umzusetzen – mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Dabei müssen Verwaltungen über- und ineinandergreifend handeln. Das ist eine zusätzliche Herausforderung.
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Welche Besonderheiten müssen berücksichtigt werden, wenn dieses für Deutschland entwickelte System in China eingeführt werden soll?
Ich glaube, in China sind die Verwaltungsstrukturen noch ausgeprägter entwickelt als in Deutschland. In Deutschland zunehmend anzutreffende verwaltungsübergreifende Kooperation scheint in der Praxis der chinesischen Städte noch nicht so üblich zu sein. Der andere Punkt ist, dass das Energie- und Klimaschutz-Management-System zwar schon länger Bestandteil des Eco-Cities-Programms in China ist, wir uns dabei allerdings vor allem auf die Planungsprozesse konzentrieren. In den 25 chinesischen Eco-Cities funktioniert das ganz gut. Künftig müssen wir aber in einem weiteren Schritt über die Planung hinaus zu einer strukturierten Umsetzung kommen.
Müssen dabei in China Bereiche berücksichtigt werden, die in Europa weniger Bedeutung haben?
Unseren Management-Ansatz konzentriert sich auf vier Handlungsfelder, die in Deutschland wichtig sind – das Gebäudemanagement, die infrastrukturelle Stromnutzung, den Verkehr und die Energiesysteme. In China sind zwei weitere Bereiche von Bedeutung – die Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie die Abfallentsorgung.
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In dem Seminar haben Sie Vertreter der Eco-Cities geschult. Hat das Energie- und Klimaschutz-Management-System darüber hinaus auch für andere Städte des Landes Bedeutung?
Das System ist für alle Kommunen ein Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung. Die Eco-Cities sind vorgeschult und kennen die ersten Schritte, die zu gehen sind. Für sie ist es daher einfacher, diesen Management-Prozess in seinem kompletten Kreislauf einzuführen. Sie sind das Muster, dem weitere Städte folgen können.
Sie haben diese Schulung am Beispiel Qingdaos und insbesondere des Deutsch-Chinesischen Ökoparks durchgeführt. Was zeichnet den Deutsch-Chinesischen Ökopark vor allem aus?
Wir haben uns für Qingdao und den Ökopark als Veranstaltungsort entschieden, weil hier viele positive Komponenten einer nachhaltigen Standortentwicklung zusammenkommen. Der grünen und die Natur schonenden Entwicklung gilt besondere Aufmerksamkeit. Dass der Anteil von Grünflächen 40 Prozent betragen soll, ist Sinnbild dafür. Hier werden moderne Techniken angewandt und die höchsten Standards – etwa beim Bau von Passivhäusern – praktisch umgesetzt. Das ist auch für andere chinesische Städte beispielgebend.
Wie sehen Sie die Perspektive des Deutsch-Chinesischen Ökoparks?
Die Erschließung und Entwicklung des Deutsch-Chinesischen Ökoparks ist ja noch nicht abgeschlossen. Mein Eindruck ist, hier ist alles auf weiteres Wachstum ausgerichtet. Vor allem glaube ich, dass das Modell des Ökoparks Nachahmer finden wird, nicht nur in der Provinz Shandong. Denn der Ökopark zeigt, wie urbane Räume in China nachhaltig gestaltet werden können.
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Sie hatten bei der Einführung zu dem Seminar sehr deutlich darauf verwiesen, dass die Einführung des Management-Systems als ein Instrument zur Lösung der globalen Klimaprobleme zu sehen ist. Welche Bedeutung haben in diesem Kontext urbane Entwicklungen, wie sie mit dem Deutsch-Chinesischen Ökopark praktiziert werden?
Viele Menschen leben in Städten, und Städte werden immer größer. Sie sind sowohl Teil des Problems als auch Teil der Lösung. Gerade solche nachhaltigen Konzepte des Städtebaus und der -bewirtschaftung sind gute Beispiele dafür, wie zur Minderung von Emissionen beigetragen werden kann. Die Herausforderung ist, derartige Konzepte nicht nur im Neubau umzusetzen, sondern auch auf bestehende Quartiere beziehungsweise Städte zu übertragen. Der Ökopark demonstriert, wie bei einem hohem Wachstum Nachhaltigkeitsideen umgesetzt werden können.
In China wird immer wieder der Wille betont, von den westlichen, von den entwickelten Ländern zu lernen. Auch im Deutsch-Chinesischen Ökopark wird darauf großer Wert gelegt, deutsche Erfahrungen einer nachhaltigen Entwicklung in einem urbanen Gebiet zu nutzen, wobei es darum geht, eine Einheit zwischen Leben und Arbeiten zu schaffen. Was kann aber umgekehrt Deutschland von Entwicklungen, wie sich im Deutsch-Chinesischen Ökopark vollziehen, lernen?
Wie hier die neuesten, auch deutschen, Konzepte gezielt in der Praxis umgesetzt werden, davon könnte Deutschland durchaus lernen. Ebenso dürfte es für deutsche Anwender interessant sein, welche Erfahrungen hier bei der Einführung neuester Technologien gesammelt werden, um diese dann in Deutschland zu nutzen.
Das heißt auch, dass beispielsweise Erfahrungen, die chinesische Kommunen bei der Anwendung Ihres Energie- und Klimaschutz-Management-Systems sammeln, eine verändernde Rückkopplung auf die Anwendung des Systems in deutschen Kommunen haben können?
Interessant ist auf alle Fälle, wie sich die Prozesse in neu gebauten Gebieten umsetzen lassen. In Deutschland passiert sehr viel im Bestand. Da geht es oft um Sanierungen und weniger um Neubau. Es werden aber auch in Deutschland hier und da neue Stadtteile erschlossen oder Konversionsflächen neubebaut. Erfahrungen, die in China bei der Anwendung des Management-Ansatzes auf Planungsprozesse gesammelt werden, können durchaus nach Deutschland rückübertragen werden.
Herr Müller, eine letzte Frage: Wo sehen Sie Perspektiven in der Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Energie-Agentur und dem Deutsch-Chinesischen Ökopark?
Wir sollten auf alle Fälle den Erfahrungsaustausch intensivieren und die Erfahrungen, die im Ökopark bei der Entwicklung gemacht wurden, mit den Erfahrungen, die wir bei der Entwicklung des Managementsystems gemacht haben, zusammenbringen. Und es lohnt sich zu überlegen, wie wir gemeinsam noch stärker eine nachhaltige Entwicklung in China fördern können. In den Eco-Cities, aber auch drüber hinaus.
Mit Michael Müller sprach Peter Tichauer
Das Interview erscheint in "China insight", Ausgabe 3/2019
